V. Weitere Fürsorge für Kirche und Vikarie

Daß die Petschower Kirche in dieser Zeit in mannigfacher Weise mit Stiftungen bedacht wurde, dafür haben wir noch weitere interessante Zeugnisse. man dachte auch höheren Ortes an sie. In Schwerin, zu dessen Bistum ja auch Petschow gehörte saß damals der Bischof Andreas (1348 - 1355 oder 56) auf den Bischofsstuhl, der wegen entwendeter Ländereien mit der Familie von Bülow in heftigen Streit geraten war und sich deswegen offenbar persönlich an den damaligen Wohnsitz der Päpste, nach Avignon in Frankreich begab, um dort - übrigens mit Erfolg - eine Entscheidung des Papstes Innocenz VI. Zu erwirken. Es war dies eine Zeit starker Verweltlichungen der katholischen Kirche, wo das Papsttum in völlige Abhängigkeit von den Königen Frankreichs geraten und darum für fast 70 Jahre nach Avignon übersiedelt war, um von hier aus mit außerordentlicher Geschäftstüchtigkeit die damals gerade im Ansteigen begriffene und gutes Geld einbringende spätmittelalterliche Frömmigkeit, die später von Luther so scharf verurteilte Ablaß - und Heiligenverehrung, zu betreiben. Unzählige Priester und Bischöfe aus der ganzen Christenheit reisten daher nach Avignon, um hier vom Papst neben anderen wichtigen Geschäften auch irgend welche spezielle Zusicherungen über einträgliche Ablaßbestätigungen für ihre Kirchen und Heiligenbilder zu erhalten. Zu diesen gehörte also 1355 auch der Bischof Andreas von Schwerin. Neben seinem Hauptgeschäft, der Schlichtung des Landstreits mit den Bülows, hat er hier aber auch noch anderes betrieben, und unter anderem auch einen besonderen Ablaß für die Besucher der Kirche zu Petschow erwirkt. Warum er sich gerade für die abgelegene Petschower Kirche so interessierte, wird sich wohl nie ganz klar stellen lassen. Ob der damalige Petschower Pfarrherr ihn speziell für unsere Kirche interessierte oder wer sonst, läßt sich nicht feststellen. Zwar scheint es ihm nicht gelungen zu sein, den Papst selbst für dies Unternehmen zu interessieren, aber es fanden sich dort ganze 12 Kollegen von ihm, Bischöfe aus Italien, Polen und Spanien, die zufällig in Avignon anwesend und bereit waren, von sich aus einen Ablaßbrief für die Petschower Kirche auszustellen. Dieser Brief ist am 27.April 1355 zu Avignon ausgestellt. Das Original befindet sich im Mecklenburgischem Haupt- Archiv in Schwerin, doch besitzt das Petschower Pfarrarchiv mehrere beglaubigte Abschriften. die 12 Bischöfe sprechen darin den Wunsch aus, "daß die zu Ehren des Heiligen Apostels Bartholomäus zu Petschow im Bistum Schwerin gestiftete Kirche mit entsprechenden Ehrungen aufgesucht und von den gläubigen Christen gemeinsam verehrt werde". Sie erlassen daher unter Berufung des päpstlichen Stuhles "allen wahrhaft Bußfertigen, die ihre Sünden bekennen und zur Andacht, zum Gebet und zur Pilgerschaft die besagte Kirche und die Altäre darin besuchen" "vierzig Ablaßtage von den ihnen auferlegten Bußübungen".
Diese Erklärung ist insofern interessant, als darin "die Altäre" in der Kirche genannt werden, der Bischof Andreas also neben dem Hauptaltar des St. Bartholomäus darin, sehr wohl den ja erst kürzlich gestifteten Vikarien - Altar kannte. Außerdem ist wichtig, daß die Kirche durch den Hinweis auf die "Pilgerschaft" zu einer sogenannten "Wallfahrtskirche" erklärt wird. d.h. die Gläubigen der ganzen Umgegend werden aufgefordert, zu dieser Kirche zu pilgern,weil ihr Besuch mit einem besonderen Sünden - Ablaß verbunden ist. Als geeignete Tage zu Pilgerschaft werden dann so ziemlich allen höheren christlichen Feste aufgezählt, darunter aber besonders auch das damals erst kürzlich eingeführte Fronleichnamsfest. Dann folgen die Heiligenfeste, von denen besonders die Marienfeste, die Feste des Hl. Bartholomäus (Kirchweihfest) und der anderen Apostel, dann aber die der Heiligen Stephan, Laurentius, Martin, Nikolaus, Maria Magdalena, Katharina und Magareta, besonders genannt werden. Der Ablaß soll allen zu Gute kommen, die Kirche und den Kirchhof andächtig besuchen und an den Gottesdiensten teilnehmen, dann aber auch denen , die für den Bedarf der Kanzlei , der Beleuchtung und der Ausschmückung "tätig sind" oder die in ihren Testamenten oder sonst der Kirche Geld, Silber, Kleidung Bücher, Kelche oder etwas anderes, was die Kirche braucht schenken oder vermachen. Der Bischof Andreas, von dem am Schluß des Ablaßbriefes ausdrücklich gesagt wird, er habe "dieses Schreiben erreicht und bestätigt". Stellte zwei Tage darauf zu Avignon am 29.April 1355 eine feierliche Bestätigung dieser Ablaßurkunde aus, die sich merkwürdiger Weise im Original im Petschower Pfarrarchive befindet, in Schwerin aber nicht. Der Bischof hat diese Bestätigung gleich in Avignon ausgestellt und wohl durch irgend eine Gelegenheit direkt nach Petschow geschickt. Aber er ist bald darauf (1355 oder 1356) gestorben, vielleicht noch in Avignon. Der feierliche Ablaßbrief der 12 Bischöfe gelangte wohl erst nach seinem Tode nach Schwerin und wurde wohl erst später veröffentlicht, denn das Original ist hier mit einer anderen, inhaltlich übrigens fast gleichlautenden Bastätigungsurkunde seines Nachfolgers, des 1357 ernannten Bischof Albert von Schwerin, zusammengeheftet "gegeben zu Rostock 1357 am 20 Juli". Von Rostock aus wohin der Bischof wohl eine Inspecktionsreise unternahm, ist der Ablaßbrief dann bestimmt nach Petschow und in die umliegenden Kirchen geschickt worden, um dort alsbald verlesen zu werden. Wir sehen, daß dieser Ablaßbrief von 1355 die Kirche zu einer Wallfahrtskirche machen d.h. möglichst viele Gläubige aus weitem Umkreis dorthin ziehen wollte und dann am Schluß diese Gläubigen sehr unverblümt unter dem Versprechen des Ablasses zu großzügigen Geschenken und Stiftungen zum besten der Kirche aufforderte. Und da interessiert uns natürlich die Frage , ob und in welchem Umfang dieser berühmte Ablassbrief seinen Zweck erreicht hat. Über den ersten Punkt laßt sich leider nicht viel feststellen, denn in welchem Umfang unsere Kirche tatsächlich Wallfahrtskirche geworden ist , darüber habe ich in den weiteren, in Petschow erhaltenen Urkunden nichts feststellen können. Sehr groß scheint aber der Wallfahrtsbetieb hier nie geworden zu sein, sonst hätten sich in unsere Urkunden doch irgend welche Spuren davon erhalten. Nicht so erfolglos scheint es mit dem zweiten wichtigen Punkt ergangen zu sein, denn es lassen sich aus der nächsten Zeit eine Reihe von bedeutsamen Stiftungen für die Kirche nachweisen, bei denen sich allerdings nie genau feststellen läßt, daß sich durch die Ablaßverheißungen unseres Briefes der 12 Bischöfe hervorgegangen sind, die aber vielleicht damit zusammenhängen mögen .
Da ist zunächst die bemerkenswerte Tür zu einem in der Ostwand des Altarchors befindlichen Sakramentshäuschen zu nennen, das zur Aufbewahrung der geweihten Abendmahlselemente (Brot und Wein) bestimmt war. Dies Sakramentshäuschen gehört zum Hauptaltar, neben den es sich befindet. Die berühmte Tür, kunstvoll in Eichenholz geschnitzt wird deswegen gerade heute von Kunstkennern so bewundert., weil sie aus einer Zeit stammt, aus der sich nur sehr wenig ähnliches Schnitzwerk erhalten hat, wie man meint, aus der Mitte des 14. Jahrhunderts um 1350 - 60, also gerade aus der Zeit unseres Ablaßbriefes. Die Tür zeigt das Bild des Gekreuzigten in schmerzhaft gebogener Stellung, darüber einen ornamentalen Bogenschmuck und Kelch und Oblaten, darunter aber - sehr sorgfältig geschnitzt - das Preensche Wappen. Es kann demnach kein Zweifel bestehen, daß diese Tür von einem Preen gestiftet worden ist, möglicher Weise von dem selben Gottschalk Preen, der kurz vorher die Vikarie stiftete. Aber es kann auch sein, daß sich mehrere Mitglieder aus dieser Familie zusammentaten, um der Kirche diese schöne Tür zu stiften, die bestimmt sehr teuer war und an der jedenfalls ein anerkannter Künstler lange gearbeitet hat. Etwa aus der selben Zeit muß aber auch der Turm stammen, der der Kirche im Westen vorgesetzt wurde, dadurch leider den hübschen Westgiebel verdeckte, aber an sich ein mächtiges Bauwerk ist. Wohl sind die Außenwände etwas ungefüge, weniger sorgfältig gearbeitet als die des älteren Langschiffes, aber die Mauen sind von gewaltiger Dicke, über 2 Meter dick, und waren wohl ursprünglich dazu gedacht, einen viel höheren Turm zu tragen. Daß man auf dieses mächtige Mauerwerk schließlich nur einen recht niedrige Haube zur Aufnahme des Glockenstuhls setzte, und keinen hohen Turmhelm, mag mit dem Mangel an Geldern zusammengehangen haben, denn dieser Turmbau hat bestimmt schon große Summen verschlungen.
Ob, wie die Petschower Überlieferung will, dieser Turm einmal viel höher gewesen, dann aber abgebrannt und viel niedriger wieder errichtet ist , scheint mir nach dem Zustande des sehr stabilen Balkenwerks in der Turmhaube recht zweifelhaft, nachweisen läßt sich darüber nichts. Dieser Zeit gehören aber auch die mächtigen Glocken an, für die ja der Turm errichtet war. Zwar sind von den ursprünglichen 3 Glocken! 2 später zersprungen, umgegossen und schließlich in den beiden Kriegen abgeliefert und damit verschwunden. Aber die größte und altertümlichste hängt noch heute im Turm. Sie hat die lateinische Inschrift: O rex glorie PX veni cum pace ("o König der Ehren, Christus komm in Frieden") und daneben die Zeichen der 4 Evangelisten. Diese Inschriften zeigen den Stiel des 14. Jahrhunderts, die Glocke muß also aus der Zeit des Turmbaus stammen. Wohl berichtet die Sage, diese Glocke hätte ursprünglich in der Kapelle beim Teufelsmoor unweit Vietow gehangen, sei bei deren Abbruch erst im Moor versunken und dann nach Petschow gebracht worden. Aber es erscheint doch sehr zweifelhaft, ob dieser Sage irgend ein geschichtlicher Kern zu Grunde liegt, denn unsere Glocke ist für eine Kapelle viel zu groß, und die Kapelle bei Vitow ist nachweislich erst Mitte des 16. Jahrhunderts abgebrochen worden. So erscheint es mir doch weit wahrscheinlicher, daß diese Glocke gleich bei der Errichtung unseres Kirchturms angeschafft und dort aufgehängt worden ist. Turm und Glocken bedeuteten jedenfalls eine gewaltige Aufgabe, daß die Verwendung eingegangener größerer Stiftungen dafür sehr wahrscheinlich ist. Aus der Zeit bald darauf nach dem Urteil der Kunstkenner, stammt aber auch die berühmte, auch bis heute erhaltene Ausmalung der Gewölbe unserer Kirche, die etwa 1370 - 1400 anzusetzen ist. Das Gewölbe über der Orgel enthält Darstellungen des Gerichts, der Auferstehung, der Hölle (sehr drastisch) und eine Heiligenlegende, das mittlere Gewölbe zum Altar hin Abbildungen der Geschichte Jesu. Dazwischen stehen in den Gewölbe - Zwickeln heiligen - Gestalten, und zwar dieselben Heiligen, deren Anrufung im Ablaßbrief besonders empfohlen wird :Stephan, Martin und Nikolaus, daneben noch Paulus und Jacobus, zwei Apostel, deren Anrufung der Ablaßbrief allgemein empfiehlt. Von den empfohlenen weiblichen Heiligen ist Maria Magdalena bei der Auferstehung abgebildet, unten die Hl. Katharina (mit dem Buch) und die dritte (mit der Krone) müßte die Hl. Magerte, eine ehemalige Königin von Schottland sein. Über der Orgel sind noch der Hl. Bartholomäus mit dem Scheermesser (der Titelheilige der Kirche) und der Heilige Laurentius mit dem Rost, den auch der Ablaßbrief empfiehlt, abgebildet. Wegen der gleichen Heiligen, deren Anrufung im Ablaßbrief empfohlen wird und die bald darauf in der Kirche abgebildet werden, möchte ich doch einen Einfluß des Ablaßbriefes auf die Frömmigkeits - Pflege in der damaligen Petschower Kirche annehmen. Auch bei dem umfangreichen und bestimmt sehr kostspieligen Werk der Kirchenausmalung sind, wie beim Turmbau, sicher besondere Stiftungen und Vermächtnisse anzunehmen, so daß der Ablaßbrief von 1355 hierhin doch seine Früchte getragen zu haben scheint. Ein Dreizack artiges Gerät in der Hand eines Engels am Gewölbe zeigt eine gewisse Ähnlichkeit mit dem drei Pfriemen im Preschen Wappen und ließe sich dahin deuten, daß auch die Ausmalung von den Preens gestiftet ist.
An sich ist das schon wahrscheinlich, aber doch nicht ganz sicher. Urkunden über derartige Stiftungen haben sich leider nicht erhalten. Nur eine Stiftung fällt noch ins 14 Jahrhundert, ins Jahr 1398, für die die Stiftungsurkunde in unserem Pfarrarchiv erhalten ist, und diese betrifft wieder die Petschower Vikarie. Diese Stiftung aber geht Mal nicht von einem Preen aus, sondern von einem schlichten Bauern aus der Gemeinde, dem Godower Bauern Hinrich Bathcke . Sie ist am Sonntag nach dem Fronleichnamstage, den 9. Juni 1398 datiert, und darin stiftet Hinrich Bathcke "mit dem rade und der gunst mines Dorpherren Gottschalks van dem Hagen" 2 genau beschriebene Landstücke, deren Pachterlös" zur besseren Erhaltung des Lichtes, das vor dem Heiligen Leichnams - Altar in der Kirche zu Petschow brennt und dortselbst von der Bruderschaft des Heiligen Leichnams verwaltet wird. Damit haben sich die Vorsteher dieser Bruderschaft einverstanden erklärt. Sollte aber diese Bruderschaft eingehen, so soll die Einnahme zum Besten des Hauptaltar der Kirche ("mines Herren St.Bartholomäus,des Hauptherren daselbst zu Petschow") verwandt werden. Es kann kein Zweifel unterliegen, daß mit dem hier genannten Hl. Leichnamsaltar der uns bekannte Altar der Preenschen Vikari gemeint ist, denn einen anderen Nebenaltar hat es unseres Wissens in Petschow nicht gegeben, und auch die Verwendung dieser Stiftung für den Haupt - Altar, falls der Altar des Hl. Leichnams eingehen sollte, spricht hierfür. Wir erfahren hierdurch also, daß der Vikarienaltar der Preens dem "Hl. Leichnam" geweiht war. Nun ist die Verehrung des "Hl. Leichnams" oder "Fronleichnams" erst im Mittelalter aufgekommen. Als damals die Lehre von der Verwandlung des Brotes bei der Abendmahlsfeier in den Leib des Herr entstand, hatte man das Bedürfnis, diese Verwandlung, dies "Mysterium" (= Glaubensgeheimnis) durch besondere Feiern zu verehren. So entstand das " Fronleichnamsfest ", das schon 1264 vom Papst angeordnet wurde (Fron heißt altdeutsch "Herr"), aber erst durch eine erneute Verordnung von 1311 der ganzen Christenheit befohlen, undmauf den Donnerstag nach Trinitatis festgelegt wurde. Die Verehrung des Hl. Leichnams verbreitete sich dann sehr schnell und es entstanden allenthalben Altäre, die zu Verehrung dieses Mysteriums, des Hl. Leichnams oder Fronleichnam, bestimmt waren. So kann es uns nicht wundernehmen, daß auch Gottschalk Preen den bald darauf (um 1340) von ihm gestifteten Vikarien - Altar zur besonderen Verehrung des Hl. Leichnams bestimmte. Wir erfahren aber 1398, daß zur Pflege des Altars sich inzwischen - wie vielfach auch anderswo - eine besondere "Bruderschaft des Hl. Leichnams" gebildet hatte, die hier das zum Unterhalt des Lichts gestiftete Land verwalten sollte. Uns werden 1398 sogar die Vorsteher dieser Bruderschaft mit Namen genannt, Hermann Lübbe und Thideke Smede (wohl ein Schmied), scheinbar schlichte Leute, die in Petschow ansässig waren. Zu Bruderschaft gehörten aber bestimmt noch mehr Leute, außer Batheke selbst Hermann Lübbe und dem Schmied Thideke, auch bestimmt noch andere Bauern der Gemeinde und sicher auch die Preens, von denen 3 am Schluß als Zeugen der Stiftung angeführt werden "Olde Gotzeke pren" (vielleicht noch der Stifter der Vikarie !) und Seine beiden Söhne, die Junker Hinrich und Henning Preen zu Bademerstorf. Als letzten Zeugen seiner Stiftung nennt Hinrich Batheke den schon im Text genannten Gottschalk von dem Hagen, der zur Bestätigung sein Siegel an den Brief gehängt habe und wieder als "min Dörpherre" bezeichnet wird.
Der Dorfherr ist zweifellos der ritterliche Grundherr des Dorfes, und wir entnehmen dieser Angabe, daß Godow damals wie vielleicht schon früher, ein ritterschaftliches Dorf war, darüber wissen wir nichts näheres. Da aber der Name Gottschalk in der Familie Preen später immer als Grundherren von Godow erscheinen, wäre es denkbar, daß auch dieser Gottschalk ein Preen war, der zum Unterschied von anderen gleichnamigen Gliedern der Familie "von dem Hagen" genannt wurde. Hingegen das ausdrücklich erwähnte Siegel noch an dem Brief und wies es die bekannten Preenschen 3 Pfriemen auf, so ließe sich das mit Sicherheit feststellen. Aber leider ist das Siegel längst zerfallen und abgefallen, und damit bleibt die Persönlichkeit des nur einmalig hier auftretenden Gottschalks von dem Hagen für uns ungewiß. Doch nennt der Brief noch zwei interessante Zeugen "Olde Curt und junge Curt tulendorp genannt". Die Ritterfamilie Thulendorf tritt in alten Dokumenten wiederholt auf. Sie hat ihren Namen ursprünglich natürlich vom Hof Thulendorf erhalten, befindet sich aber bald auch im Besitz des großen Hofes Lüsewitz. Diese Tulendorfs auf Lüsewitz sind etwa 100 Jahre später auch Grundherren der früher - freien - Bauerndörfer,Petschow und Wolfsberg. Wie sie dazu gekommen sind, ist nicht nachweisbar. Aber wir befinden uns um 1400 in einer Zeit, wo die Bauern in Mecklenburg allenthalben ihre freie Stellung verloren und vielfach in Abhängigkeit von den Rittern gerieten. Das geschah gelegentlich durch förmliche Abtretungen der Hoheitsrechte (Gerichts - und Steuerrecht) seitens der damals nur schwachen Herzöge, gelegentlich auch durch irgend welche Verpfändungen, aber zuweilen auch durch brutale Waffengewalt. Nun wird der beiden Kurt Thulendorf, offenbar Vater und Sohn, in der Urkunde von 1398 nicht genannt, aber da der Hauptzweig dieser Familie damals in Lüsewitz saß, ist es doch wahrscheinlich, daß es sich dabei um Thulendorfs auf Lüsewitz handelt. Wie aber kämen diese in Petschower Urkunden früher nie auftretenden Thulendorfs dazu, als Zeugen bei der Aufstellung einer Stiftungsurkunde für die Petschower Kirche herangezogen zu werden? Das hat doch wohl nur Sinn, wenn auch sie schon etwas mit Petschow zu tun haben, und daher scheint es mir wahrscheinlich, daß die Thulendorfs auf Lüsewitz schon um 1398 grundherrliche Rechte über das Bauerndorf Petschow besaßen, und wahrscheinlich auch Mitglieder der Hl.Leichnamsbruderschaft waren.
Das ist die einzige urkundliche Andeutung darüber, wann Petschow, das 1334 jedenfalls noch ein freies Bauerndorf war, in Abhängigkeit von den Herren von Thulendorf auf Lüsewitz geriet. Das muß um etwa 1360 bis 1380 geschehen sein