IV. Der Ausbau der Petschower Kirche und die Stiftungen

Kehren wir nach dieser Abschweifung zur Familie Preen nach Petschow zurück, so finden wir, daß die Kirche inzwischen weiter ausgebaut worden ist. Um 1280 -1290, also jedenfalls noch zu fürstlicher Zeit, ist der Chor, der einen fortgeschritteneren gotischen Spitzbogenstiel aufweist an das Mittelschiff angebaut worden. Er hat einen besonders hübsch ausgeführten Ostgiebel, der mit lang ausgezogenen gotischen sogenannten "Blenden" und einem Kreuz in der Mitte geschmückt ist. Ähnliche Giebel weisen eine ganze Reihe von fürstlichen Kirchen in der Umgebung auf (Kessin, Sanitz usw.) und diese alle stammen dem Urteil Sachverständiger aus der Zeit um 1280 - 1290.
Man gewinnt daraus den Eindruck, daß ein Fürst des Landes damals einen kunstverständigen, namentlich leider nicht bekannten Architekten mit dieser sehr solide ausgeführten und bis heute schön erhaltenen Ausschmückung der Kirchengiebel unserer Gegend beauftragt hat.
In Petschow ist damals aber auch der Westgiebel der Kirche, der heute unter dem später gebauten Turm verborgen, aber im Turm noch deutlich zu erkennen ist, mit einem ganz ähnlichen blendengeschmückten Schmuckgiebel versehen worden. Dieser Westgiebel mag ursprünglich ganz schlicht gehalten gewesen sein, aber man empfand wohl seine Schmucklosigkeit, als der Ostgiebel so hübsch gestaltet wurde und baute ihn in ähnlicher Weise aus.
Eine Neuerung für die Kirche ist es jedenfalls, daß in einer Uhrkunde von 1347 (MUB Bd.X Nr. 6769) zwei Geistliche zu Petschow als Zeugen erschienen. Es ist dies eine Verkaufsurkunde vom 07.Juni 1347 über ein Moor bei Gubkow an das Kloster Doberan, das damals dicht hinter Güstrow liegende Prangendorf besaß. Als Zeugen werden in dieser Urkunde u.a. genannt 2 Preens auf Bademerstorp (b Gosekin und Johannes), dann " Marquardus plebanus in Petzekowe et Goschalcus vicarius ibidem presbiteri " d.h. der Pfarrpriester (Pfarrherr) Marquard zu Petzecow und Gotschalk der dortige Vikarienpriester, beides Geistliche. Ein Vikarienpriester war in der Regel ein Geistlicher, der den Dienst an einem Nebenaltar der Kirche versah, wie solche damals in den katholischen Kirchen häufig waren. Solch einen Nebenaltar verdankte seine Entstehung meist einer besonderen Stiftung, er war einem besonderen Heiligen oder einem sogenannten "Mysterium" (Glaubenswunder) geweiht. An ihm wurden besondere Gottesdienste, meist mit Fürbitten für die Stifter verbunden, abgehalten. Für diesen Dienst wurde dann ein besonderer Geistlicher angestellt, und das war in Petschow der Vikarienpriester Gottschalk, der 1347 genannt wird, und der Altar und auch die ganze Stiftung werden kurz die "Vikarie" der Priester daran der "Vikar " genannt.
Mehrere Urkunden unseres Petschower Pfarrarcivs setzen uns nun in die Lage, feststellen zu können, wer diese Vikarie gestiftet hat und wem sie geweiht war. Wir haben eine Urkunde vom Jahre 1366, die den Ankauf von Land durch den Gottschalk Preen, "Ritter zu Bademerstorpe" bestätigt für seine Vikari in der Kirche im Dorf Petschow, die er begründet und eingerichtet hat. Die Vikarie ist also vom Ritter Gottschalk Preen im nahe gelegenen Bandelstorf gestiftet worden, und da 1347 schon der Vikarienprister Gottschalk genannt wird, so muß die Stiftung schon früher, also etwa um 1340, stattgefunden haben. Gottschalk Preen könnte derselbe sein, der schon 1327 urkundlich auftritt, aber es kann auch ein Sohn oder Enkel von ihm sein, denn da der Vikarienstifter noch 1366 lebt möchte in ihm eher ein jüngeres Glied der Familie vermuten, vielleicht den selben, der noch 1398 im Zusammenhang mit der Vikarie als "der alte Götzke Preen zu Bademerstop" zusammen mit seinen Söhnen genannt wird, damals also wohl ein Greis von 70 - 80 Jahren war, und die Vikarie, für die er sei Leben lang treu sorgte, als noch junger Mann gestiftet haben mag. Die Urkunde von 1366, der wir die interessante Nachricht der Vikariengründung durch Gottschalk Preen verdanken, ist am 17. Oktober 1366 in Rostock datiert, wo sich also die Beteiligten zum Abschluß dieses wichtigen Vertrages versammelten. Darin verkauften 2 Brüder, Gothan und Arnold Stoyslef zu Pankelow dem Gottschalk Preen 9 Morgen Landes im Dorf Pankelow, "die bisher Hinrich Kahlenberd in Gebrauch gehabt", also offenbar bisheriges Bauernland, für seine Vikarie "zum Gebrauch seines Vikaren der zu Zeit diese Vikarie verwaltet".
Gottschalk Preen hat demnach den Vikaren zunächst offenbar etwa 25 Jahre lang privatim von sich aus besoldet, hält es aber jetzt doch für besser, wohl für den Fall seines eigenen Todes, den Unterhalt des Vikarenpriesters durch Ankauf eines Landstückes sicherzustellen, dessen Erträge den Vikaren zukommen sollen. Hier mag gleich bemerkt werden, daß die Familie Stoyslef in dieser Urkunde erstmalig im Besitz des Hofes Pankelow auftritt, der noch 1328 vom Herzog einem Vicko Smeker verliehen wurde (MBU Bd. VII Nr.4967). Als erster Stoyslef wird im Urkundenbuch ein Gothan Stoysl 1329 - 1340 genannt, der aus Rügen stammt und 1327 einen Teil von Bussewitz verkauft, derselbe wird als Zeuge noch 1335 und 1340 genannt. Die Brüder Gothan und Arnold, die 1366 das Land verkaufen, sind offenbar noch junge Leute, denn sie vollziehen den Verkauf "mit ausdrücklichem Rat und Einverständnis unseres Oheims Nikolaus Stoyslef" könnten demnach Söhne des 1329 - 1340 genannten Gottan Stoyslef sein. Sie haben Pankelow wohl seit etwa 1350 besessen , und im Besitz dieses Gutes hielt sich die aus Rügen stammende Familie dann etwa 400 Jahre lang. Bemerkenswert erscheint vielleicht noch daß die 9 Morgen, die die Pankelower 1366 verkaufen offensichtlich vom lande eines Bauern genommen werden, ob und wie dieser entschädigt wurde, wird nicht erwähnt. Jedenfalls maßten sich die Ritter damit schon eine sehr weitgehende Verfügungsmacht über das Land ihrer Bauern an. Daß die Bauern "gelegt" wurden ist ein Vorgang, der seit etwa 1400 in Mecklenburg häufig ist. Die Hofwirtschaften werden mit der Zeit allmählich erweitert.