VI. Die letzten Stiftungen für die Vikarie
War in jener Zeit so, daß die Vikarienpriester,
die den Dienst an den Vikarien, an den Nebenaltären größerer
Kirchen, versahen, meist ein sehr schwaches Gehalt dafür bezogen.
In den größeren Städten, wie in Rostock, wo es viele gab, suchten
sie meist gleichzeitig mehrere Vikariatsanstellungen zu erhalten.
Trotzdem galten die Vikare als das "Proletariat" der damaligen
katholischen Geistlichkeit, die im Gegensatz zu den meist glänzend
dotierten Bischöfen, Domherren und Kirchenherren ein Jammerdasein
führten. In einem Dorf, wie Petschow,war für den Vikaren am Hl.
Leichnamsaltar eine zweite derartige Anstellung natürlich nicht
recht zu haben, und seine Einkünfte mögen daher, trotzdem der
Stifter Gottschalk Preen 1366 noch die 9 Morgen aus Pankelow zur
Sicherung seiner Einkünfte gestiftet hatte, auch noch nach 100
Jahren recht mangelhaft gewesen sein. Das empfanden auch die
Stifter der Vikarie, die Bandelstorfer Preens wohl, denn sie
entschlossen sich 1440 zu einer bedeutenden Aufbesserung seiner
Existenz, indem sie ein besonderes Wohnhaus für ihn stifteten. Das
Dokument hierüber ist im Petschower Pfarrarchiv erhalten, und
lautet in hochdeutscher Übersetzung - das Original ist in
altertümlichem Platt geschrieben - wörtlich so "Zu wissen sei, daß
im Jahr unseres Herrn 1440, die ehrbare Frau Tilse Preen,
Laurentius Preens nachgelassene Witwe, wohnhaft zu Petschow,
persönlich in Rostock im Hause des Archidiakonus Jo ( hann )
Meynesti, in seiner Gegenwart um ihrer Seelen Seligkeit und ihrer
Vorfahren, wohl überlegt, und mit Einwilligung ihrer Söhne, der
Brüder Heinrich, Gottschalk und Otto Preen, und auch ihrer Töchter,
der Klosterfrau Gese, Gese Thulendorf und Hüme Bülow als Testament
unwiderruflich (erkläre)" Sie vermachte der Vikarie, die in der
Kirche zu Petschow besteht, wo die Belehnung Jo (hann) Taus den
Kindern des Laurentius Preen zusteht, sofort nach ihrem Tode das
Haus, darin sie wohnte, mitsamt dem Hof und allem, was dazu gehört,
wie es in seinen Grenzen liegt, dazu die 2 besten Kühe, 8 Schafe, 4
Schweine, ein hohes Bett mit aller Zubehör, 4 Kissen, 2 Laken und
eine Decke ferner alle Hühner und Gänse, die da sind wenn sie
stirbt, Tische, Bänke Stühle und sonstigen Hausrat. Diese genannten
Güter soll der Vikarius nach ihrem Tode haben, und zu seiner
Amtszeit so gebrauchen, daß er wenn er stirbt, diese Güter und die
Wirtschaft seinen Nachfolgern zur Stelle lassen kann, die nach ihm
kommen und dort leben, damit sie ewig bei der Vikarie bleiben
sollen, wie es verschrieben ist .
Diese sehr großzügige Stiftung vermachte also dem Vikaren zu
Petschow, der bisher wohl beim Pfarrherrn oder einen Bauern sein
Unterkommen suchen mußte, ein vollständig eingerichtetes Wohnhaus
mit Hof und Garten und einem ausreichenden Viehbestand, so daß
seine Lebenshaltung sich dadurch bedeutend verbesserte. Wann die
wohltätige Witwe Tilse Preen starb, so daß der Vikar tatsächlich in
den Besitz all dieser Herrlichkeiten gelangte, wissen wir freilich
nicht, aber da sie mit ihren 6 hier genannten erwachsenen Kindern
gewiß schon einen hochbetagte Witwe war, wird es nicht lange darauf
geschehen sein.
Das den Vikaren vermachte Haus lag am Südende des Dorfes, nahe der
Kirche, und ist nachher tatsächlich vom Vikaren bewohnt worden, da
es später wiederholt unter der Bezeichnung "Vikarienkaten" genannt
wird. Zu evangelischer Zeit , als die Vikarie einging, wurde es -
wie wir sehen werden - als Witwenhaus für die Witwe des Pfarrers
benutzt, im 18.Jahrhundert ( 1765 ) einmal neu erbaut, aber
schließlich 1857 an das damalige Gut Petschow verkauft, das darin
Wohnungen für Tagelöhnerwitwen einrichtete. Dort steht dieser
Nachfolger des 1440 gestifteten Vikarienkatens noch heute und wird,
wohl in Erinnerung an die alten Frauen, die früher dort lebten,im
Dorf meist "das Kloster" genannt.
Wer aber war die wohltätige Stifterin "Tilse Preen". Ihr damals
schon verstorbener Mann Laurentius Preen hat zweifellos zu
Bandelstorfer Linie der Familie gehört, denn der alte Bandelstorfer
Gottschalk, wohl der Großvater von Laurentius, hatte ja 100 Jahre
früher die Vikarie gestiftet, und damit zweifellos auch das Recht
erworben, den Vikaren, für den er ja sorgte , einzusetzen, ihn nach
damaligen Sprachgebrauch zu "belehnen". Ein Laurenz Preen auf
Bandelstorf kommt auch 1424 in einer Schuldurkunde des Pfarrachivs
vor. Und da in dieser Urkunde ausdrücklich gesagt wird, daß die
Belehnung (plattdeutsch "Lehnware") der Vikarie jetzt den Kindern
des Laurentius Preen zusteht, kann es kein Zweifel unterliegen, daß
diese zur Nachkommenschaft des alten Gottschalk Preen auf
Bandelstorp gehören. dieser Familie häufigen Seitenvererbungen,
Verpfändungen und Täuschen ihre Wohnsitze später zum Teil auch auf
anderen Gütern gehabt haben, übten aber zweifellos ihr Recht der
Besetzung dieser Vikarie weiter aus. Sie hatten damit, wie man
später ausdrückte, an der Petschower Vikarie das Patronatsrecht und
waren deren Patrone, die wohl auch den 1440 amtierenden Johann Tau
eingesetzt hatten. Und noch ein weiterer Punkt interessiert an
diese Testament. Es fällt auf, daß die Witwe Tilse Preen ihren
Wohnsitz in Petschow hatte, während - wie früher schon erwähnt
wurde - die Familie Preen in Petschow niemals irgendwelche
grundherrlichen Rechte ausgeübt hat. Dabei scheint das Wohnhaus der
Tilse Preen ja nur ein bescheidenes Häusjen, keine Ritterburg
gewesen zu sein, denn eine solche hätte sie bestimmt den Vikaren
nicht vermacht. Man sieht sich da zur Annahme gezwungen, daß die
Kinder der Witwe für sie diesen bescheidenen Witwensitz gekauft
hatten, damit sie ganz in der Nähe der Kirche, für die sie
zweifellos großes Interesse gehabt hat, leben konnte, und damit
wohl auch in der Nähe des Grabes ihres Mannes, wo wohl auch sie
ihre letzte Ruhe finden wollte.
Dabei fällt es auf, daß eine ihrer Töchter ja Gese Thulendorf hieß,
also mit einem Thulendorf vermählt war, wahrscheinlich mit dem
damaligen Besitzer von Lüsewitz , den in mehreren Urkunden (1451
und 1452) genannten Heydenreich Thulendorf auf Lüsewitz , der
damals wohl auch schon Grundherr von Petschow war. Das
Entgegenkommen dieses Schwiegersohnes mag die Errichtung dieses
Witwensitzes für die alte Tilse Preen in Petschow ermöglicht haben.
Vielleicht hatte er als Grundherr auch den Grund und Boden dazu
geschenkt, während die Söhne für die Errichtung des Hauses Sorge
trugen. Hierüber haben sich leider keine Dokumente erhalten. Aber
Haus und Grundstück müssen ihr als Eigentum gehört haben, da sie
sie sonst nicht der Vikarie hätte vermachen können.Doch holte sie
hierzu , wie das Testament ja hervorhebt, die ausdrückliche
Einwilligung ihrer 6 Erwachsener Kinder ein, von denen ja die Söhne
als Patrone der Vikarie (Inhaber dieser "Lehnware") auch für die
Aufbesserung des Gehaltes ihres Vikaren interessiert gewesen sein
müssen.
Und noch eine andere Stiftung der Preens für die Vikarie ist 30
Jahre später gemacht worden, deren Stiftungsurkunde zusammen mit
der bischöflichen Bestätigung sich im Pfarrarchiv in besonders gut
erhaltenem Zustande, sogar mit dem dar anhängenden Siegel, erhalten
hat leider aber inhaltlich manche Unklarheiten aufweist. Als
Stifter nennen sich gleich am Anfang : "Wi Hinrik, Kurd Laurens
Otten Hinrik, Clawes geheten de Preene". Es sind also 6 Preens, die
diese Stiftung vollziehen, die gewiß nicht alle Brüder sondern wohl
auch Vettern oder Oheime und Neffen sind, aber leider ist nichts
über ihr Verwandtschaftsverhältnis und auch nichts über die Höfe,
auf denen sie sitzen gesagt, so daß sich nichts sicheres darüber
sagen läßt, welche Zweige der damals weit verbreiteten Familie
Preen an dieser Stiftung beteiligt sind.
Hinrich und Otto könnten die Söhne der Tilse Preen von 1440 sein,
die dem Bandelstorfer Hause entstammen, aber der dritte dort
genannte Bruder Gottschalk fehlt, er wird 1439 in einer Urkunde
genannt, könnte aber 1470 schon tot gewesen sein. Ein Curd Preen
wird 1451 und 1455 zu Gubkow genannt. Ein Laurentius Preen wird
laut einer Urkunde unseres Pfarrarchivs 1460 Vikar in Laage, ein
Claus Preen wird 1451 auf Wehnendorf genannt. In den Jahren 1439 -
81 erscheint in unsren Urkunden wiederholt ein Hinrich Preen, der
Bürger zu Rostock ist zugleich aber den Hof Wehnendorf besitzt, und
ein anderer Hinrich Preen besitzt 1451 Spotendorf, während 1485
wieder ein Otto Preen auf Gubkow auftritt. Da wir aber von kaum
einem dieser Preens mit Sicherheit feststellen können, wie lange
sie gelebt haben, so können wir leider auch nicht mit Sicherheit
feststellen, Besitzer welcher Güter die 6 Vettern Preens von 1470
waren, und auch nicht ob das alle damals lebenden Preens waren. Das
scheint fast wahrscheinlich, wenigstens fühlten sich diese 6
Preens, unter denen vielleicht durch Zufall einige der damals
lebenden Vettern fehlten, als Vertreter der ganzen Familie, denn
bei der Zuwendung der neuen Stiftung an den Vikarienpriester, wird
ausdrücklich betont, dieser Priester soll "nach willen der Prenen"
vom Kirchherren gewählt werden. Damit erscheinen nicht nur die
Bandelstorfer Preens, wie 1440, sondern "die Preene" d.h. Vertreter
der gesamten Familie als Patrone der Vikarie. Da sie alle hierfür
stifteten, beanspruchen alle Preens hier also ein Recht am
Patronat, das man ihnen offenbar auch zugestand, obgleich in der
Bestätigungsurkunde des Bischofs merkwürdiger Weise das Patronat
der Preens an der Vikarie nicht ausdrücklich erwähnt wird, sondern
nur gesagt, ein dazu geeigneter Priester soll "durch den Pfarrherrn
der Pfarrkirche zu Petschow eingesetzt werden". Das "nach dem
willen der Prene" wird darin nicht wiederholt. Die Stiftung besteht
in 30 Mark jährlicher Einkünfte für den Vikaren, die aus 9 den
Preens gehörigen Bauernstellen gezahlt werden sollen, 2 dieser
Bauern liegen in Sieden - Gubkow, dem bei Gubkow liegenden
Bauerndorf, 1 ("Katenerbe genannt") in Hohen - Gubkow, 3 in Sclage
und 2 in Dummerstorf. Beim ersten zahlungspflichtigen Bauern,
Heinrich Schenk, der 8 Mark zahlen soll, wird sein Dorf leider
nicht genannt. Da er aber, wie ausdrücklich erwähnt wird, auch die
9 der Vikarie (1366) gestifteten Morgen Landes in Pankelow in Pacht
hat, so ist anzunehmen, daß er in Bandelstorf oder Dummerstorf, die
ja beide Pankelow benachbart sind, lebt. Es fällt auf, daß hierbei
keine Bauern in Kockendorf, Niekrenz und Vitow genannt werden, da
wir aus anderen Quellen wissen, daß besonders die Wehnendorfer und
Gubkower Preens dort auch Bauernbesitz hatten, aber da die Bauern,
die den einzelnen Rittern untertänig waren, weit verstreut in den
verschiedensten Dörfern lagen, so ist es natürlich auch möglich, ja
nach dem oberen Wortlaut der Stiftung wahrscheinlich, daß alle
Preens dazu beigetragen hatten. Noch ein anderer Punkt im Wortlaut
der Stiftung ist merkwürdig : darin kommen die Ausdrücke "Vikar"
und "Vikarie" nämlich überhaupt nicht vor, die ja 1366 und 1440
gebraucht werden, und auch der Hl. Leichnamsaltar, an der die
Vikarie gebunden war, wird nicht ausdrücklich genannt.
Aber es heißt : "diese Seelenmessenstiftung .... soll einem
ehrlichen Mann, der Priester ist , zur Nahrung dienen Dieser
Priester , der nach dem Willen der Preens vom Kirchenherrn gewählt
wird, soll ...". Damit ist deutlich gesagt, daß dieser Priester
nicht der Hauptpriester selbst , sondern ein von diesem, dem
"Kirchenherren" eingesetzter Unterpriester ist, der speziell die in
dieser Stiftung genannten Funktionen ausüben soll, das aber war
damals die Stellung eines Vikaren. Auch der Bestätigungsbrief des
Bischofs sagt "Es soll für diese Stiftungen ein geeigneter Priester
durch den Pfarrherrn der Petschower Kirche eingesetzt werden".
Ziemlich übereinstimmend werden die Pflichten dieses Priesters
beschrieben, wobei die bischöfliche Bestätigung noch bemerkt, "daß
der Messedienst in unserer Pfarrkirche zu Petschow in besserer
Ordnung durchgeführt werden möchte". Daraus gewinnt man den
Eindruck , daß die Pflichten eines Vikars an der ja damals schon
vor über hundert Jahren gestifteten Vikarie in Unordnung geraten
war oder strittig waren, daß er sich vielleicht geweigert hatte,
manche ihm vom Kirchenherren zugemuteten Aufgaben zu vollziehen,
und daß seine Pflichten daher anläßlich der neuen Stiftung neu
geregelt werden. Diese Pflichten sind: Er muß 3 mal in der Woche
Messe lesen. 1. am Sonntag während der Hochmesse, das waren
sogenannte "Stillmessen", die in den meisten Kirchen während der
Hauptmesse am Hauptaltar ("Hochmessse" ) an den Nebenaltären
halblaut gemurmelt wurden. Diese ausdrückliche Bemerkung zeigt
deutlich, daß der, Ort, an dem dieser Priester Messe lesen sollte,
ein anderer als der Hochaltar war, also ein Nebenaltar. 2. Am
Montag "eine Messe für unser ganzes Geschlecht und alle
Christenseelen". Dies war eine ausgesprochenen Seelmessenstiftung "
Almisse". Man meinte ja in katholischer Zeit, daß viele Seelen im
Fegefeuer schmachteten, und daß ihre Qual dort abgekürzt würde,
wenn man für sie "Seelenmessen" lesen lies. So wollten die Preens
auch zweifellos durch diese Seelenmesse für ihre Seelen und die
Seelen ihrer Vorfahren sorgen, für ihr ganzes Geschlecht, und es
ist sehr möglich, daß gerade diese Messe der Hauptzweck der neuen
Stiftung war, daß gerade darum die Vertreter der ganzen Familie
Preen sich damals zusammenfanden, um damit für das Seelenheil der
Vorfahren und der ganzen Familie zu sorgen. Vielleicht wurde diese
Montagsmesse damals neu zu den Pflichten des Vikaren hinzugefügt.
In der bischöflichen Bestätigung wird diese Montagsmesse wohl
genannt und bestätigt, aber nur kurz "Messe für die Verstorbenen"
genannt.
Es scheint, daß das Preensche Familieninteresse an der Sache dem
Bischof nicht so sehr am Herzen lag, da er es in seiner Bestätigung
sowohl die Patronatsfrage, als die offenbare Neustiftung der
Familienmesse überging. 3. Am Donnerstage eine Messe zu Ehren des
Hl. Leichnams. Da an den Nebenaltären immer besondere Messen für
den Heiligen oder für das besondere Glaubensmysterium, dem dieser
Altar geweiht war, abgehalten wurden, so wird es durch die
Namhaftmachung dieser Fronleichnamsmesse eindeutig klar angedeutet,
daß der Altar, an dem diese Messen abgehalten wurden, ein
Fronleichnamsaltar war. Da der Donnerstag nach Trinitatis der
Fronleichnamstag war, so wurden die Hauptwochenmessen an den
Altären des Hl. Leichnams auch sowieso immer am Donnerstage
abgehalten. 4. Derselbe Priester soll am Donnerstag um 4 das
"Stationsgebet" (d.h. die Vesper) singen, "den Leichnam des Herrn
mit brennenden Wachskerzen aus dem Sakramentshaus zum Hochaltar"
tragen, den Kanticum "Melchisedex rex Salom" absingen und mit dem
Gesang des Versikel und der Kollekte vom Leichnam Christi
beschließen. Diese hier genau beschriebene Feier des
Abendgottesdienstes am Donnerstag, dem Fronleichnamstage, ist hier
in der Form wiedergegeben, wie die bischöfliche Bestätigung sie
beschreibt, in der Stiftungsurkunde der Preens ist das viel kürzer
und summarischer angegeben. Die ausdrückliche Nennung des
"Hochaltars", zu dem an diesem Tage der "Leichnam des Herrn" d.h.
das in der Messe geweihte Brot getragen werden soll, zeigt zudem
deutlich, daß dieser "Hoch - Altar" eben ein anderer Altar war, als
der, an dem vorher die Messe gefeiert war, der "Leichnam des Herrn
"sollte offenbar dadurch besonders geehrt werden, daß man ihn an
seinem Gedächnistage am Hochaltar niederlegte. So zeigt uns diese
genaue Untersuchung der angegebenen Gottesdienste, daß sich damals,
wie wir es schon 1398 angedeutet fanden, ein Hl. Leichnams - Altar
in unserer Kirche gestanden hat, der von einem besonderen Priester,
dem Vikaren, bedient wurde. Dieser besondere Hl. Leichnamsaltar und
der an ihm gestiftete Dienst, der am Donnerstag wohl schon früher
ähnlich gefeiert wurde, war "die Vikari". Wie aber diese Dinge in
den hinterlassenen Dokumenten auch erscheinen mögen, so muß man es
bedauern, daß vieles darin nur etwas unklar angedeutet wird, was
den Zeitgenossen, die in diesen Dingen lebten und webten,
selbstverständlich war und darum nur kurz angedeutet ist, was wir
heute uns mühsam zusammenreimen müssen. Daß es sich bei dieser
Stiftung um eine Stiftung für denselben Vikarienaltar handelt, der
um 1340 begründet und 1366 mit dem in Pankelow gekauften 9 Morgen
Landes dotiert wurde, geht eindeutig auch daraus hervor, daß in der
Stiftungsurkunde der Preens auf diese 9 Morgen hingewiesen wird
"Dabei liegen 9 Morgen Acker auf dem Pankelower Felde, den die
Stoislofs vor alten Zeiten dazu gegeben haben, was jetzt die jungen
Claus und Jochim (Stoislefs) mitbesigelt haben". Der Zweck der
jetzigen Stiftung besteht offenbar darin, daß die alte
Fronleichnamsvikarie jetzt mit einer Seelenmessenstiftung für alle
Preens verbunden wurde, und daß die ganze Familie Preen deswegen,
wie angeführt, jetzt das Patronat über die so erweiterte Stiftung
übernahm. Eine besondere Rolle scheint hierbei der Priester
Nikolaus Preen, vielleicht ein Angehöriger derselben Familie,
gespielt zu haben. Da dieser in einer Urkunde von 1472 als Bruder
des Ratsherrn zu Ribnitz, Hans Pren, genannt wird, ist seine
Zugehörigkeit zu den Bandelstorfer Preens freilich
zweifelhaft.
Er soll nach dem Wortlaut der Stiftung die 30 Mark, die von den
Bauern einzukassieren sind "Zeit seines Lebens verwalten" und wird
dabei "Priester im Stifte Schwerin" genannt. Anderseits heiß es
vorher "Diese Almisse soll der Kirchherr, der zur Zeit zu Petschow
im Stift Schwerin ist, verwalten" und dieser soll auch die Vikaren
nach dem Willen der Preens einsetzen. Noch mehr tritt der Priester
Nikolaus Preen in der Bestätigung des Bischofs hervor. Er hat im
Namen der Ritter Preen den Bischof "um Bestätigung dessen gebeten,
wie diese Einkünfte verwandt werden sollen". Die Einkünfte sollen
auch hiernach "durch den Pfarrherrn der Petschower Pfarrkirche
gehoben" und zur Verwaltung dieser Stiftung angenommene Priester
von ihm eingesetzt werden. Aber es fällt doch auf, daß es nachher
heißt "Die Verwaltung dieser Stiftung möchten wir.... Herrn
Nikolaus Preen selbst für die Zeit seines Lebens rechtskräftig
einräumen und über tragen, wenn er aber im Herrn entschlafen ist,
einen ehrbaren Manne, dem derzeitigen Pfarrherrn der Pfarrkirche zu
Petschow". Nachher wird noch einmal gesagt "Das Recht der
Verwaltung und Einsetzung eines geeigneten Priesters für die
Stiftungen verleihen wir aus besonderer Gnade dem genannten Herrn
Nikolaus Preen und nach seinem Tode dem Pfarrherrn zu Petschow". In
anderen Quellen dieser Zeit wird nun ein Priester Nikolaus Preen
genannt, der Vikar an der Pfarrkirche in Rostock war, und das ist
wohl der selbe der in unserer Urkunde vorkommt. Bei der Abfassung
der Stiftungsurkunde, zu der sich die Preens in Rostock
versammelten, denn sie ist vom 10 Dezember 1469 in Rostock datiert,
scheint er zugegen gewesen zu sein und hat sie wohl selbst abgefaßt
und niedergeschrieben. Gleich nach Weihnachten ist er aber, um die
Bestätigung zu erreichen, nach Bützow gereist, wo der Bischof
Werner (reg. 1457 - 1473) wohl die Festzeit auf seinem dortigen
Residenzschloß verbrachte. Hier hat er auch dann, nach dem Wortlaut
des Bestätigungsschreibens, dem Bischof die Sache Persönlich
vorgetragen und hier in Bützow ist die feierliche
Bestätigungsurkunde dann am 1. Januar 1470 aufgesetzt und
untersiegelt worden. Der selbe Nikolaus Preen hat freilich 2 Jahre
darauf die Gunst seines Bischofs verloren,denn er wurde am St.
Thomastag (April) 1472 wegen Hetzereien gegen den Bischof abgesetzt
und eingekerkert und nachher nur gegen "Urfehde" entlassen.
Endlich vermachte auch der Wehnendorfer Preen in seinem Testament
vom 29. Januar 1481 der "Preenschen Vikarie" 50 Mark "zur
Vermehrung ihrer Rente". So waren die Preens beständig darauf
bedacht, die Einkünfte der Vikarie zu Vermehren.
Noch ein weiteres Zeichen der Fürsorge der Preens für ihre Vikarie
hat sich erhalten. An der Nordwand des Altarchors hängt noch heute
ein recht stattliches Sakramentshäuschen mit hübschen spätgotischen
Schnitzereien, das jedenfalls aus dem 15.Jahrhundert stammt. Auch
dieses trägt oben das Wappen der Preens, muß also von ihnen
gestiftet sein. Da das andere ältere Sakramentshäuschen (mit der
geschnitzten Tür), sich an der Ostwand neben dem Hauptaltar
befindet, so muß dies neuere an der Nordwand des Chors hängende
ursprünglich zu einem Altar gehört haben , der an der Nordwand
stand. Und das muß der einzige nachweisliche Nebenaltar unserer
Kirche, der Vikarien - Altar des Heiligen - Leichnams gewesen sein.
Die Lage dieses Sakramentshäuschens gibt uns also die Möglichkeit,
auch die Stelle festzustellen, an der dieser Altar gestanden hat.
der Altar selbst ist zu evangelischer Zeit entfernt worden, aber
das Sakramentshäuschen hängt als schmuck der Kirche da und erinnert
daran, daß sich dort einstmals ein zweiter Altar befunden hat. Und
noch ein anderes schönes Ausstattungsstück der Kirche stammt seinem
Stil nach aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, die große Darstellung
des Heilands am Kreuz mit Maria und Johannes neben sich, die heute
an der Nordwand der Kirche hängt. Es ist dies seinem Stil nach ein
sogenannter "Triumphkreuz", wie sie in den meisten größeren Kirchen
damals über dem Aufgang zum Altarchor hingen. Dort hat auch unser
großes Kreuz zweifellos zu katholischer Zeit gehangen. An die
Nordwand der Kirche hat man es scheinbar versetzt, als zu
evangelischer Zeit 1610 die neue Kanzel errichtet wurde, die ihm
seinen alten Platz strittig machte. 1611 wird seine
Wiederaufrichtung erwähnt, offenbar an der Nordwand, wo es noch
heute hängt.Das große Kruzifix ist von besonderer Schönheit und
Zartheit der Ausführung, wird auch von Kennern noch vielfach
bewundert, und ist von einem nicht unbedeutenden Künstler
geschaffen worden. Es ist höchstwahrscheinlich auch für die Kirche
gestiftet worden, aber von wem, darüber finden sich keinerlei
Aufzeichnungen, auch trägt es kein Stifterwappen oder sonstige
Kennzeichen seiner Herkunft. So sind Stifter und Künstler dieses
schönsten Schmuckes unserer Kirche leider unbekannt und werden es
wohl auch immer bleiben.